Mercurius solubilis Hahnemanni (Merc.) – Hydrargyrum, schwarzes Quecksilberoxid

Das silbrig glänzende Übergangsmetall Quecksilber mit dem chemischen Zeichen Hg ist das einzige Metall, das unter normalen Druck- und Temperaturbedingungen flüssig ist. Erst bei -39 Grad Celsius nimmt es den festen Aggregatzustand an. Aufgrund seiner hohen Oberflächenspannung formt es sich stets zu rundlichen Tropfen. Wegen der enormen Dichte von über 13,5 g/cm3 kann sogar Eisen (7,9 g/cm3) auf Quecksilber schwimmen. Sein Name bedeutet „lebendiges Silber“, das lateinische „hydrargyrum“ bedeutet „Flüssigsilber“.

Quecksilber bildet mit einigen anderen Metallen Legierungen, die als Amalgame bezeichnet werden. Jeder kennt sie als Füllmaterial für geschädigte Zähne. Thiomersal ist das Natriumsalz einer organischen Quecksilberverbindung (C9H9HgNaO2S) und dient als Bakterizid und Konservierungsmittel zum Beispiel in Augentropfen und Impfstoffen.

Die thermische Ausdehnung von Quecksilber ist nahezu direkt proportional zur Temperatur. Aus diesem Grunde eignet es sich in hervorragender Weise zum Messen und Anzeigen derselben. So entwickelte Daniel Gabriel Fahrenheit bereits um 1720 das erste Quecksilberthermometer. Doch seit 2009 ist die Herstellung quecksilberhaltiger Thermometer in der EU verboten, weil die zerbrochenen empfindlichen Thermometer immer wieder Quecksilber in die Umwelt freigesetzt haben, das stets hochgradig toxische Dämpfe absonderte. Bedenken Sie aber, dass sich dieses Element in beachtlichen Mengen auch in Energiesparlampen befindet.

Dennoch verwendete schon Paracelsus Quecksilber als Heilmittel, was aber oft genug folgenschwer war. Trotzdem wurde Quecksilber bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zur Behandlung gegen Syphilis eingesetzt. Diese Mittel wurden entweder auf die Haut aufgetragen oder sogar inhaliert, was mit vielen Vergiftungen einherging.

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Quecksilber ist vor allem ein Nervengift. So können zum Beispiel Zahnmetalle durchaus zu chronischen Vergiftungen führen, wobei aber das Symptombild ganz und gar nicht einheitlich ist. Die folgenden Symptome können auf eine Quecksilbervergiftung hindeuten:

  • Allergien
  • Angstgefühle
  • Antriebslosigkeit
  • Gedächtnisschwäche
  • Haarausfall
  • Nervöse Störungen
  • Neuralgien
  • Schlafstörungen
  • Schwindel
  • Stottern
  • Zuckungen

In der klassischen Homöopathie kommen gleich mehrere Mercurius-Verbindungen zur Anwendung:

  1. corrosivus
  2. cyanatus
  3. dulcis
  4. iodatus flavus
  5. solubilis

Das polychreste Konstitutionsmittel Mercurius wirkt vor allem auf Beschwerden an den Drüsen, des Gehirns, des Blutes, der Nerven, der Zähne, der Knochen, der Genitalien, der Haut, der Gelenke.

Causa:

Schreck und Enttäuschung, Unterdrückungen und unterdrückte Absonderungen, sexuelle Exzesse

Typus / Konstitution

Mercurius ist stets erfolgversprechend beim ungesunden, schwächelnden, fröstelnden Lymphatiker, der sich durch einen üblen Mundgeruch und Speichelfluss auszeichnet. Sehr oft handelt es sich um blauäugige, blonde bis dunkelblonde Frauen mit eher blasser Gesichtshaut. Dabei kann das Gesicht bei eingerissenen Mundwinkeln gerade unterhalb der Augen gelblich aufgedunsen wirken.

Die stets flinken Personen erscheinen ziemlich rastlos, sind „schwer fassbar“, eben wie Quecksilber. Auf Widerspruch reagieren sie zum Teil mit aggressiver Impulsivität. Paschero drückte es einmal so aus: „Der Mercurius-Patient projiziert seine inneren Feinde nach außen und so wird die ganze Welt zu seinem Feind.“

Kinder

Sie sind unruhig und entwickeln große Angst vor dem Alleinsein, neigen aber zuweilen zu Frühreife. Der starke Speichelfluss durchnässt nachts ihr Kopfkissen. Ihre stets rote Nase wirkt schmutzig. Säuglinge verweigern oftmals die Muttermilch und haben eitrigen Milchschorf, der gelblich braune Krusten bildet. Neugeborene leiden unter Augenentzündung (Ophtalmia neonatorum). Bei Erkältungen schwellen die Lymphdrüsen deutlich an und in der Wachstumsphase kommt es zu Knochenschmerzen.

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Stimmung / Gemüt

Das Arzneimittelbild ist mit Symptomen geistiger Zerstörung verbunden. Dazu gehören unter anderem Gedächtnisschwäche, Verlangsamung, Verlust von Willenskraft und Störungen im Zentralen Nervensystem (ZNS). Die Betroffenen werden immer zurückhaltender und misstrauischer und sie offenbaren ungern ihre Gefühle. In schwereren Fällen trifft man auf Dummheit und Stumpfsinn, aber auch gewalterfüllte paranoide Zustände können in Erscheinung treten.

Der Gemütszustand schwankt schnell von einem Extrem ins andere, so liegen Lachen und Weinen dicht beieinander. Sogar Selbstmordgedanken sind nicht selten. Neben der eigenen Lebensmüdigkeit und zwanghaftem Verhalten kommt es auch zu einem Verlangen, andere zu töten. Die Patienten gebärden sich unruhig, impulsiv und hastig überstürzt, wobei sie ständig ruhelos den Ort und ihre Position wechseln.

Kopf

Das zurückweichende, schnell blutende Zahnfleisch ist von schwammiger Konsistenz und entzündlich geschwollen. Pulsierende oder reißend schießende Zahnschmerzen verschlimmern sich in der Nacht.  Bei noch intakter Zahnwurzel zerbröselt der Zahn weiter oben.

Der schlecht riechende Atem erfüllt das ganze Zimmer, wobei die Patienten bei weißlich-grauer Zunge über einen süßlich-metallischen Geschmack im Mund berichten. Bei angeschwollenen Speicheldrüsen und Halslymphknoten steigert sich der ohnehin üppige Speichelfluss während der Nacht.

Mercurius ist angezeigt bei Mundfäule und Aphten sowie bei akuten eitrigen Halsentzündungen. Weitere Indikationen sind Tonsillitis, Diphtherie und Mumps in Verbindung mit starkem, übel riechendem Speichelfluss. Der eitrig, gelbgrüne Fließschnupfen ist so scharf, dass er aufs Umfeld wundmachend wirkt und die Nase sogar im Schlaf blutet. Die verdickten rötlichen Lider bilden Krusten und die Tränenflüssigkeit reizt mit ihren Absonderungen. Auch können sich in Kombination mit Haarausfall schmerzhafte Knochenwucherungen (Exostosen) am Kopf bilden. Seltener sind eine bakterielle, eitrige Hirnhautentzündung (Meningitis) und der sogenannte Wasserkopf (Hydrocephalus) anzutreffen.

Brust / Atemwege

Der trockene, quälende Husten wird nachts im warmen Bett noch schlimmer, Liegen auf der rechten Seite ist praktisch nicht möglich. Vor allem beim Treppensteigen zeigen sich Kurzatmigkeit und Herzklopfen bis hin zu Erstickungsgefühl. Dennoch meiden die Patienten frische Luft. Vor allem der rechte Lungenunterlappen ist entzündet, was schmerzhafte Stiche bis in den Rücken verursacht. Zu gelblichem, schleimigem Auswurf kommt es vorrangig tagsüber. Gleichzeitig mit Keuchhusten tritt oft Nasenbluten auf. Schreckhaftes Aufwachen ist von Herzzittern und unregelmäßigem Puls begleitet.

Verdauung

Bei schwacher Verdauung zeigt sich der Patient immerzu hungrig und durstig. Bitteres Aufstoßen, zum Teil ranzig bis faulig und begleitet von einer Übelkeit mit einem süßlichen Geschmack, wird nachts sogar intensiver. Der empfindsame Bauch ist hart gespannt, Schmerzen brennen in der Magengrube auch bei leicht verdaulichen Speisen.

Der schleimige, grünliche Stuhl ist oft blutig und Koliken können bis zur Ohnmacht führen. Brennen am After gepaart mit Aftervorfall sind unangenehme Nebenerscheinungen. Hinzu tritt schmerzhaftes Drängen zum Stuhlgang mit äußerst geringer Kotproduktion (Tenesmus). In der Folge ergeben sich große, blutige Hämorrhoiden. Während und nach dem Stuhlgang leidet der Patient unter Darmkrämpfen, auf die ein Frösteln folgt. Das Arzneimittelbild entspricht jenem der Colitis ulcerosa, also einer chronischen Entzündung der Dickdarm-Schleimhaut einschließlich Geschwürbildung.

Uro-Genitalorgane

Der häufige Harndrang führt zu dem Eindruck, dass die Harnmenge das Volumen der Getränke bei Weitem übersteigt. Dabei brennt die Harnröhre vor und zu Beginn des Vorgangs. Der beißende, eiweißhaltige, manchmal blutige Urin löst bei Kontakt starkes Jucken im Bereich der Genitalien aus. Es kommt auch zu Herpes, Phimose und eitriger Zystitis mit Ausfluss und grünlichen Absonderungen aus der Harnröhre. Der Samenerguss (besonders nachts) kann eine blutige Einfärbung aufweisen. Frauen leiden zuweilen unter stechenden Schmerzen in den Eierstöcken. Während oder anstelle der Regelblutung schießt Milch schmerzhaft in die Brust. Bei Jungen ist übermäßiges Wachstum der Brust zu beobachten.

Extremitäten

Mercurius ist indiziert bei Gelenkschmerzen, insbesondere bei Rheuma und Arthritis, allgemeiner Gelenkschwäche, Knochenerweichung und -deformation, Vergrößerung der Knochen. Die Knochenschmerzen verschlimmern sich nachts so sehr, dass die Patienten aufstehen und umhergehen müssen. Gerade nasskaltes Wetter löst rheumatoide Muskel- und Gelenkschmerzen aus.

Die geschwächten Extremitäten, insbesondere die Hände, neigen zum Zittern (Tremor), was beim Essen oder Schreiben deutlich auffällt. Die reißenden Schmerzen im Steißbein können durch ein bisschen Druck auf den Bauch etwas gelindert werden. Die Beine und Füße sind ödematös geschwollen und produzieren nachts einen feuchtkalten Schweiß.

Haut

Die Haut des Patienten ist fast ständig feucht von übel riechendem, ölig-klebrigem Schweiß, der in der Wäsche auch noch nach dem Waschen gelbe Flecken hinterlässt. Überdies neigt die Haut zu Pusteln, Ausschlägen mit Blasenbildung, nässenden Entzündungen und Krustenbildung. Das Jucken der Haut verschlimmert sich bei Wärme im Bett. Es bilden sich Geschwüre (Ulzerationen) mit einem speckartigen Boden und einem dunklen Hof, die zum Teil von gelblich-weißlichen Eiterflecken (Stippchen) umsäumt sind. Während der Regelblutung treten vermehrt Furunkel und Abszesse auf, die bis zur Gewebezerstörung beziehungsweise Nekrose ausarten können. Die Haut verliert insgesamt zunehmend an Sensibilität.

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Schlaf

Der Patient schläft erst sehr spät ein und erwacht während der Nacht recht häufig, beispielsweise durch kleine Geräusche. Schlaflosigkeit kann ebenfalls durch nervöse Aufregung, Schmerzen, Blutwallungen in Kopf und Brust, Juckreiz oder Knochenschmerzen ausgelöst sein. Aber auch die sehr lebhaften Träume über Mord, Totschlag & Co. können den Patienten wecken.  

Schmerzen und Fieber

Egal, um welche Schmerzen es sich handelt, nachts werden sie schlimmer. Viele Patienten klagen über stechende oder bohrende Schmerzen in den Knochen und in den Drüsen, die sie ins Schwitzen bringen. Die Muskeln sind zuweilen von schmerzvollen Krämpfen betroffen. Neben dem Gefühl einer Schwellung kommt es zu einem innerlichen und äußerlichen Brennen.

Der Bereich der gerade noch akzeptierten Wohlfühltemperatur ist bei Mercurius-Patienten sehr eingegrenzt. Wenngleich Wärme die Beschwerden verschlimmert, mangelt es dem Patienten an Lebenswärme. Wenn er friert, wird er von Frostschauern kalt überlaufen. Es wird auch von einem hochkriechenden Frösteln berichtet, was vor allem am Abend oder in der Nacht sehr intensiv ausfallen kann. Fieber kommt stets anfallsweise und nachts in Schüben verbunden mit viel Schweißproduktion. Parallel dazu breiten sich Hitzewallungen aus. Das Fieber wird von einem nachhaltigen Schwächegefühl begleitet.

Speisen und Getränke

Verlangen nach Süßigkeiten und Milch, obwohl beides kaum vertragen wird. Außerdem werden Brot und Bier sowie überhaupt kalte Getränke favorisiert. Dagegen besteht eine Abneigung gegen fette Nahrungsmittel wie Butter sowie gegen Fleisch, Kaffee und Wein. Obwohl saure Speisen guttun, sind Pflaumen geradezu unverträglich.

Allgemeine Charakteristik und Leitsymptome

  • Schwäche und Erschöpfung, die fast einer Lähmung gleichkommen
  • Häufiges Zittern, das insbesondere die Hände betrifft
  • Abmagerung und geistige Verlangsamung
  • Starker Speichelfluss
  • Mundgeruch und ein metallischer Geschmack im Mund
  • Zahneindrücke auf der Zunge
  • Zähne verfallen trotz intakter Wurzeln.
  • Permanenter Durst
  • Drüsenschwellungen (Tonsillen, Lymphknoten) und eitrige Mandelentzündung*
  • Reichliche stinkende Absonderungen und Schweißbildung
  • Schmale Temperaturtoleranz: Verschlimmerung der Beschwerden durch Wärme und Kälte
  • Trockener, quälender Husten teilweise mit Blut (Pneumonie des rechten Unterlappens), Stiche bis in den Rücken
  • Ulzerationen auf Haut und Schleimhäuten, Nekrosen
  • Geschwürbildung auf der Haut mit Eiter, Fisteln, Furunkeln
  • Bohrende Knochenschmerzen, die sich nachts verschlimmern
  • Schmerzhafte Gelenkschwäche und Knochenkaries beziehungsweise Knochenwucherungen (Exostosen)
  • Ätzend riechende Diarrhoe mit Koliken, schleimig und blutig
  • Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
  • Häufiger Harndrang, erstaunlich große Urinmengen (scharf, brennend, wundmachend)
  • *Niedrige Potenzen von Mercurius fördern die Eiterbildung, erst hohe Potenzen verhindern sie.

Modalitäten

Besserung durch Ruhe und gemäßigte Temperaturen

Verschlechterung nachts, durch nasse Füße, Kälte und Zugluft, durch Wärme und Schwitzen, Liegen auf der rechten Seite

Sonstiges

Wegen der hohen Giftigkeit sollte Mercurius nur in Potenzen größer oder gleich C6 verabreicht werden. Nehmen Sie nicht unmittelbar davor oder danach Silicea ein.

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Beitragsbild: pixabay.com – ka_re

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